Sag es mit einer Faltschachtel

Während der europäische Markt für industriell gefertigte Schokolade weitgehend gesättigt erscheint, prognostiziert die Branche steigende Absatzzahlen im Export sowie neue Herausforderungen im hochwertigen Segment. In Europa bietet nur das Premium-Segment realistische Wachstumschancen - zumeist mit entsprechender Kartonverpackung.  

In den letzten drei Jahren hat sich der Markt in der Schokoladenindustrie geteilt. Die großen Hersteller verzeichnen praktisch kein Wachstum. Der Markt ist extrem preisempfindlich, Preiserhöhungen sind nur schwer möglich, ohne Marktanteile zu verlieren.

Auch die Preise für wichtige Zutaten steigen. In der EU stieg der Preis für Zucker im Zeitraum 2008 bis 2013 von 600 auf 720 EUR pro Tonne. Der Weltmarktpreis für Kakao schwankte zwischen 2000 und 3800 USD pro Tonne. Bei Haselnüssen, der zweitteuersten Zutat nach Kakao, ist die Situation nicht anders. Die Preise haben sich in den letzten drei Jahren verdoppelt.

Martin Dowideit vom "Handelsblatt" glaubt: "Schokolade ist ein Produkt, das dem Impulskauf unterliegt. Sie steht nicht auf dem Einkaufszettel, die Verpackung ist die Verlockung." Der weltweite Konsum wird von der Schweiz, Großbritannien und Deutschland angeführt - Weltmeister sind die Schweizer mit einem Jahresverbrauch von 11,9 Kilogramm pro Jahr und Kopf.

Kein Wunder, dass die Schweizer schon früh den wahren Wert dieser braunen Köstlichkeit entdeckten. Mit den Produkten Finest Pralinés, Lindor und Excellence ist Lindt & Sprüngli weltweit führend im Bereich der Premium-Schokolade und in über 100 Ländern vertreten. Bereits 2004 leitete Lindt den Trend bei den Tafelschokoladen ein, weg vom billigen Massenprodukt hin zum "kleinen bisschen Luxus". Dies hat seither viele Nachahmer gefunden.

"Unsere Excellence-Serie mit einem Kakaoanteil von 70 Prozent und mehr hat fantastische Umsätze erzielt", sagt Lindt-Geschäftsführer Adalbert Lechner. "Lindt-Schokolade ist der kleine Luxus im Alltag, der von den Menschen auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten als Belohnung geschätzt wird." Dieses mittlere Segment mit Marken wie Lindt, Suchard, Hussel oder Hachez wird fast ausschließlich in Kartons verpackt. "Es gibt vier Hauptgründe für die Verwendung von Karton für Premium-Schokoladenverpackungen", sagt Marie-Eugénie Barrelet von Villars Maître Chocolatier: "Verpackungskosten, Nachhaltigkeit, Druckqualität und Entwicklungsgeschwindigkeit."

Qualität gewinnt an Bedeutung Laut dem Schweizer Lebensmittelberater James Amoroso verzeichnet die hochpreisige Schokolade ein deutlich grösseres Wachstum als die Massenprodukte: "Dieser Trend wird sich wahrscheinlich fortsetzen, denn die Menschen werden sich bewusst, dass Schokolade nur zu besonderen Anlässen und nicht in großen Mengen konsumiert werden sollte."

Die Hersteller und Produzenten von Spezialitäten haben die neuen Chancen auf dem Schokoladenmarkt genutzt. Der 2010 gegründete Newcomer "myswisschocolate" zum Beispiel zählt bereits 100'000 Kunden in 32 Ländern, die individuell produzieren oder online bestellen. Auf myswisschocolate.ch kann man eine Vielzahl von Rezepten bestellen und seine eigene Verpackung gestalten - natürlich mit Karton. Gründer Sven Beichler erklärt: "Die Konsumenten wollen keine Massenware, sondern einzigartige Produkte, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen. Und die Menschen sind bereit, für ein erstklassiges, individuelles Produkt Geld auszugeben."

Dolfin und Pierre Marcolini in Belgien, Coppeneur oder Wagner in Deutschland, Damian Allsop oder Willies Cacao in England, Michel Cluizel, Jean-Paul Hévin, La Maison du Chocolate, Patrick Roger oder Valrhona in Frankreich, Domori oder Stainer in Italien, Xocolat oder Zotter in Österreich und Lindt & Sprüngli oder Villars in der Schweiz: Das Premium-Segment wächst, immer mehr Hersteller setzen auf Spitzenqualität. Die Palette reicht von verblüffenden Rezepturen und Kompositionen, wie Bergkäse oder Chili, Hanf mit Mokka, Himbeergeist, Kaffee-Pflaume mit karamellisiertem Speck oder Kombinationen mit orientalischen Gewürzen. Eines haben sie aber alle gemeinsam: Karton ist die Verpackung der Wahl. www.finanzen.net www.handelsblatt.com www.sg-network.org www.swissinfo.ch