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Datum 31. Mai 2013 / www.procarton.com
Titel Simplify and Surprise!
Text In seinem ersten Leben war Lars Wallentin fast 40 Jahre lang verantwortlich für Entwicklung von kreativen Design-Lösungen für strategische Marken wie Nestlé, Nescafé, Maggi, Buitoni, Nesquik oder KitKat. Heute ist er für viele junge Marketingleute eine wichtige Bezugsperson. Seine Devise, die in seinen Lehren deutlich zum Ausdruck kommt, kann man in drei Wörtern zusammenfassen: Vereinfachung, Überraschung und Synergien. Pro Carton hat mit ihm darüber gesprochen, was Karton- und Faltschachtelhersteller tun sollten, über die Packaging Supply Chain und über die Kommunikation auf Verpackungen. Für den Download in Druckqualität bitte auf
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Pro Carton: Warum sind Holzfasern Ihr bevorzugtes Material?

Lars Wallentin: Nachdem ich im Verpackungsdesign tätig bin, sind natürlich alle Materialien für mich interessant, es hängt alles davon ab, welches Produkt verpackt werden soll. Weil ich aber in den schwedischen Wäldern zur Welt gekommen bin, sind Karton und auch Papier meine Favoriten, aus dem einfachen Grund, weil die Produkte, mit denen ich zu tun hatte, meist in diesem Material verpackt werden, zum Beispiel tiefgekühlte Lebensmittel, Schokolade, Frühstückscerealien, Futter für Haustiere usw.

 

Verschiedene Konsumentenstudien haben unterstrichen, dass die allgemeine Einstellung zu Karton sehr gut ist. Karton kann heutzutage in fast jede Form gefaltet werden. Vor ein paar Jahren gab es bei Nestlé einen Karton für Frühstückscerealien in der Form eines Fußballs – ich glaube, das war bei der Weltmeisterschaft 2006.

 

Was würden Sie tun, wenn Sie Kartonhersteller wären?

Ich würde nie den Faltschachtelhersteller als Endabnehmer sehen, sondern die sogenannten „Markeninhaber“, also die Lebensmittel-, Getränke-, Pharmaindustrie usw. Im Kommunikationsdesign müssen wir lernen, welche Möglichkeiten und Probleme sie haben. Ich würde alles tun, jener Industrie zu helfen, die meinen Karton dafür verwendet, mehr zu verkaufen. Wie kann ich das tun? Ich würde nicht nur über Preis und Service verkaufen, ich würde auch den Design-Bereich einsetzen. Ich würde mich für jedes Projekt engagieren, das wirksamere Kommunikation ermöglicht, denn sie verkauft mehr Produkte als die Qualität des Kartons. Ich würde mich mit den besten Designern anfreunden. Ich würde sie einladen, sich an der Festlegung zukünftiger Produktqualitäten und -eigenschaften zu beteiligen. Ich würde so viele Diskussionsforen wie möglich besuchen, um neue Trends aufzuspüren, bevor sie mich treffen. Ich würde meine Marke auf jeden Fall mit einer Website wie dieser verbinden.

 

Wie wichtig wäre ein besseres Networking innerhalb der Packaging Supply Chain, um wirksamere Verpackungen zu kreieren, und was müsste man dafür in der Organisation verändern?

In manchen Bereichen ja, in anderen nein. Verpackungsdesign ist, wie mein Freund Robert Monaghan von AirInnovation gesagt hat, wie ein Fünfkampf bei der Olympiade. Folgendes müssten wir verbessern:

  1. die korrekte Information der Konsumenten (siehe unten),
  2. bessere Öffnungsvorrichtungen für viele Verpackungsarten,
  3. bessere Überverpackungen in Form von Trays oder Shelf-Ready-Kartondisplays,
  4. bessere Informationen über Umweltschutz, je nach Land. Recycling und Verpackung sind zum Beispiel in Schweden und der Schweiz kein Problem, in Großbritannien hingegen schon,
  5. weniger Regelungen von Brüssel, lasst den gesunden Menschenverstand entscheiden (siehe unten).

 

Um dies alles zu erreichen, müssen wir die Entscheidungsfindung in der Konsumgüterindustrie verändern. Für einen 28-jährigen Markenmanager ist es sehr schwierig, die absolut beste Entscheidung zu treffen! Für die Entwicklung neuer Verpackungen brauchen wir erheblich mehr Design-Denken (also gesunden Menschenverstand).

 

Sie sagen, die Kommunikation im Geschäft ist besonders wichtig. Was sind die wichtigsten Dinge?

Im Supermarkt und in jedem Geschäft, wo der Konsument die Verpackung selbst in die Hand nehmen kann, brauchen wir verständlichere und überzeugendere Kommunikation, nicht nur Firmenschriftzüge wie heute. Die Überverpackung (oder das Tray) bieten hervorragende Oberflächen, um die Vorzüge des Produkts zu bewerben, also mehr Kommunikation, weniger Information. Informationen verkaufen nicht, sie informieren bloß. Kraftvolle Werbetexte oder exzellente Fotografie sind Kommunikation und helfen verkaufen.

 

In einer neuen Studie hat Pro Carton herausgefunden, dass auch die Kommunikation der Verpackung zu Hause sehr wichtig ist, sie gratuliert dem Konsumenten zum Erwerb des Produkts und regt ihn dazu an, es nachzukaufen. Wie sehen Sie das?

Das sind gute Nachrichten! Aber das kann nur funktionieren, wenn der Designer die Rückseite genauso ernst nimmt wie die Vorderseite. Das ist heute nicht der Fall. Die Rückseite sollte wie die tägliche Zeitung gestaltet werden, um den Konsumenten zum Lesen anzuregen. Davon sind wir heute meilenweit entfernt! Lesen Sie die Beiträge “Why are back panels so boring …?” and “The future of the service panel” auf meiner Website www.packagingsense.com.

 

Sie sagen, Süßigkeiten sind global, alles andere muss lokal gestaltet werden. Ist das wirklich so einfach?

Im Grunde ja. Süße Produkte wie Eiskrem, Schokolade oder Soft Drinks sprechen die meisten Kulturen an. Das ist einer der Gründe, warum Coca Cola so erfolgreich ist. Herzhafte, salzige, umami oder bittere Geschmacksrichtungen sind aus mehreren Gründen sehr ortsgebunden: Essgewohnheiten (die sich von Generation zu Generation sehr wenig ändern), klimatische Bedingungen, örtliche Früchte und Gemüse usw. Versuchen Sie mal, jemandem aus dem Mittelmeerraum dazu zu bringen, Roggenknäckebrot zu essen. Keine Chance! Aber alle werden sie Ferrero-Schokolade genießen.

 

Wie sehen Sie Verpackungsgestaltung für besondere Zielgruppen, auch in kleineren Auflagen digital gedruckt, und wie sehen Sie die Beteiligung von Zielgruppen an der Verpackungsgestaltung, zum Beispiel in Form eines eigenen Fotos?

Sorry, das kann ich nicht beantworten. Ich stamme aus einer anderen Generation. Ich mache mir allerdings Sorgen, wenn ich sehe, wie sich junge Konsumenten mit Kopfhörern und Ähnlichem „isolieren“. Weder Facebook noch Twitter oder Handy werden ihnen helfen, sich in größerem Rahmen zu sozialisieren. Natürlich ermöglicht der Digitaldruck die Erreichung speziellerer Konsumentengruppen, aber um erfolgreich zu sein und Geld zu verdienen, muss man größere Gruppen ansprechen (Skaleneffekte) und das geht nur, wenn man ALLEN Konsumenten etwas Neues und Attraktives anbietet. Das hat Steve Jobs mit iPod/iPhone/iPad getan, Richard Branson mit Virgin, McDonald’s mit den Hamburgern oder Nike mit Laufschuhen.

 

Zusammengefasst: Ich hätte gerne mehr gestaltete Kommunikation, darum geht es in meinen Beiträgen auf meiner Website und in meinem Buch “The world’s first book about packaging communication”. Wir sind heute schon so weit, dass wir sämtliche Ernährungswerte auf einer Flasche Tabasco unterbringen, von der wir nur zwei oder drei Tropfen verwenden. Wenn wir die vollen Richtwerte für die tägliche Nährstoffzufuhr (GDA – Guideline Daily Amount) auf die Vorderseite eines Schokoriegels drucken, sind wir so weit weg vom gesunden Menschenverstand wie nur möglich.

 

Ich würde gern an einem Meeting in Brüssel teilnehmen und mit jenen diskutieren, die neue Richtlinien darüber entwickeln, was auf einer Verpackung wo und wie aufscheinen muss. Das wird natürlich nie passieren. Verstehen Sie mich recht: Ich stehe den meisten Informationen, die die Gesetzgeber wünschen, positiv gegenüber, aber ich bin nicht einverstanden damit, wie das umgesetzt wird.

 

Siehe auch Lars Wallentins Website packagingsense.com

Lars Wallentin

Lars Wallentin

Verpackung

Kraftvolle Werbetexte oder exzellente Fotografie sind Kommunikation und helfen verkaufen.

 

   
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Informationen
Suzanne McEwen +43 1 218 6918 mcewen@procarton.com
Hintergrund Pro Carton ist die Europäische Vereinigung der Karton- und Faltschachtelindustrie mit dem Ziel, Karton und Faltschachtel als ökonomisch und ökologisch ausgewogenes Verpackungsmedium zu fördern, sowohl in der Markenartikelindustrie und im Handel als auch bei Design, Medien und Politik.