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Datum 28. Oktober 2010 / www.procarton.com
Titel Die Natur als Erfolgsrezept
Text Mag. Martina Hörmer ist seit 2002 für die Eigenmarken von Rewe Group Austria verantwortlich. In dieser Funktion führt sie vor allem die Marke „Ja! Natürlich“, die wohl erfolgreichste Marke im Bereich des europäischen Bio-Marketing. Bei Verpackungen achtet sie auf umweltschonende Materialien. Im Gespräch versuchen wir, dem Erfolg von „Ja! Natürlich“ auf den Grund zu gehen und in die Zukunft zu blicken.
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Warum ist „Ja! Natürlich“ so erfolgreich?
Da möchte ich Charles Darwin zitieren: „Alles, was gegen die Natur ist, hat auf die Dauer keinen Bestand.“ Das hat sich evolutionsgeschichtlich als richtig erwiesen, das könnte aber zugleich auch das Credo der Markenführung für „Ja! Natürlich“ sein. Nicht zufällig ist auch die Natur im Markennamen verankert.

Wo steht die Marke heute?
„Ja! Natürlich“ ist die größte Eigenmarke im gesamten Rewe-Konzern und erfüllt eine wichtige Aufgabe für unsere Vertriebsschienen Billa und Merkur. Sie zahlt ins Image ein und erfüllt eine wesentliche Funktion in Bezug auf Kundenbindung und Kundentreue. Wir sind heuer im 16. Jahr, wir waren zu Beginn der Pionier im Bio-Marketing und sind es auch heute noch. Wir bieten insgesamt 1.000 Produkte an, die fast alle Warengruppen abdecken. Unser Fokus liegt in der Frische, bei Brot und Backwaren, Obst und Gemüse, Eier, Fleisch, Wurst und Molkereiprodukten - alles das, was die Österreicher täglich brauchen. Da ist es besonders wichtig, dass die Lebensmittelqualität stimmt.

Welchen Stellenwert hat die Marke "Ja! Natürlich" im Rewe-Konzern, innerhalb aller Rewe-(Eigen)Marken?
Einen sehr hohen. „Ja! Natürlich“ ist das Aushängeschild des Konzerns, die erfolgreichste Marke, eine wirkliche Bilderbuchmarke, ausschließlich positiv besetzt. Diese Marke trägt wesentlich zur Differenzierung zum Mitbewerb bei, verankert den Konzern in der Landwirtschaft, bringt neue Kunden in die Vertriebsschienen, leistet einen großen Beitrag zur Kundentreue, ist wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich, leistet eine wesentliche Rolle für das Image „gesunde Ernährung / Nachhaltigkeit“ des Konzerns. „Ja! Natürlich“ ist die Speerspitze der Nachhaltigkeit, die Nachhaltigkeitsmarke Österreichs. Durch die erfolgreiche „Ja! Natürlich“-Werbung hat der Konzern auch Bereiche betreten, die bis dato nur den Markenartiklern vorbehalten waren. „Ja! Natürlich“ ist eine der erfolgreichsten Marken im Hinblick auf Werbung. Hat alle Werbepreise in Österreich gewonnen, die es zu gewinnen gibt, erhält laufend Auszeichnungen für seine Rezepturen etc.

Gibt es eine vergleichbare Marke in Europe?
Alleinig die Schweizer sind im Biobereich sehr aktiv. Sowohl Migros als auch Coop haben eigene Biomarken mit sehr großen Sortimenten an Bio. Das, was uns jedoch unterscheidet ist, die Stärke der Marke im Land. „Ja! Natürlich“ ist nicht nur die Nummer eins in Bio, sondern auch die größte Lebensmittelmarke in Österreich. Ein Markenartikel im besten Sinne. Ich denke, hier hat „Ja! Natürlich“ eine wirkliche Einzelstellung - ihre Werte für Bekanntheit, Image, Werbung etc. sind meines Wissens einmalig.

 

In welchen Märkten gibt es „Ja! Natürlich“?
Neben Österreich in Italien unter der Marke „Si! Naturalmente“.

 

Was ist das Versprechen der „Ja! Natürlich“-Lebensmittel?
Wir verstehen „Ja! Natürlich“ als eine Premium-Genuss-Marke, mit der sich die Kunden einen kleinen Luxus im Alltagsleben kaufen. Und wir bieten Mehrwert, in puncto Qualität und in puncto der Besonderheiten, nicht Bio von der Stange, sondern besonderes Bio, dahin gehen alle unsere Anstrengungen bei der Produktentwicklung. Anders, als es die EU-Bioverordnung vorschreibt, stammen unsere Produkte zu 100 Prozent aus biologischer Landwirtschaft. Auch wenn das nicht zwingend vom Gesetz ist, für die Kunden ist es selbstverständlich: Wenn Bio, dann 100 Prozent Bio, und keine Ausnahmeregelungen.

 

Wie sieht der Bio-Markt in Österreich heute aus?
„Ja! Natürlich“ war nicht nur ein Pionier in der Bio-Landwirtschaft, Österreich ist generell Bio-Weltmeister: Ein Fünftel der landwirtschaftlichen Fläche wird biologisch bewirtschaftet, das ist ein sehr hoher Anteil. In dieser Dimension kommen uns vielleicht Liechtenstein und die Schweiz nahe, aber alle anderen Länder, auch Deutschland, Frankreich und England, sind weit abgeschlagen.
Mittlerweile ist jeder zehnte Bauer in Österreich Bio-Bauer, das sind insgesamt 21.900. Diese Bauern bewirtschaften wie gesagt ein Fünftel der Fläche, großteils sind es Milchbauern und Ackerbauern, nach den natürlichen Gegebenheiten des Landes. 7.000 Bauern liefern in unsere Systeme, ihre Rohwaren werden in 160 Partnerbetrieben zu „Ja! Natürlich“-Produkten verarbeitet.
Bio steht heute für gesunde und unbedenkliche Lebensmittel, jeder Lebensmittelhändler in Österreich bietet Bioprodukte an. „Ja! Natürlich“ ist das Synonym für Bio geworden. Der Biomarkt ist schon lange keine Nische mehr, sondern eine Milliarde Euro schwer. Rund zwei Drittel werden im Lebensmittel-Einzelhandel umgesetzt, und davon wiederum entfällt mehr als die Hälfte auf „Ja! Natürlich“.

 

Wie steht es mit dem Trend zum Regionalmarketing?
Ich habe eingangs erwähnt, „Ja! Natürlich“ ist auch eine Herkunftsmarke und sehr stark mit Österreich verknüpft, doch auch die Region ist heute wieder stärker geworden. Wir sind zwar österreichisch, aber in einer aufgehenden europäischen Landschaft wollen die Menschen etwas Eigenes haben, sie denken auf der einen Seite zwar global, auf der anderen Seite gehen sie aber auch wieder zurück in die Region. Und die Region ist der dominante Food-Trend schlechthin, denn Regionalität vermittelt Authentizität. Aber es gibt auch viele zusätzliche Bonuspunkte: Regionalität steht für frisch, umweltschonend, CO2-sparend, bringt regionale Wertschöpfung - wir bleiben im Land, wir schaffen uns unsere eigene Existenz. „Ja! Natürlich“ versteht sich nicht nur als österreichische Marke, sondern auch als regionale Marke, und alle unsere Bestrebungen gehen dahin, die regionalen Produkte weiter zu forcieren.
Ganz neu ist eine Kooperation mit den Nationalparks Austria, die auch im Fernsehen entsprechend beworben wird. Die Nationalparks sind Horte der schönsten Natur, wo eigentlich alles geschützt ist, auch des Österreichers Nationalstolz. Wir hatten immer schon eine sehr enge Kooperation mit dem Nationalpark Hohe Tauern, das ist das Gebiet von Zell am See bis zu den Krimmler Wasserfällen. Dort sind Milchbauern und Fleischbauern zuhause, dort ist jeder zweite Bauer Biobauer, ein Bio-Herzeigeland auch im europäischen Kontext. Heuer ist es uns gelungen, diese Kooperation auf alle sechs Nationalparks auszuweiten und die regionalen Spezialitäten „Schmankerl“ als Besonderheiten unter unserer Marke zu vermarkten, und das mit einem gemeinsamen Auftritt mit den Nationalparkdirektoren und dem Ministerium, auch im Sinne des Schutzes der Natur.

 

Engagiert sich „Ja! Natürlich“ auch über das Produktmarketing hinaus?
„Biodiversität“ ist ein sperriges Wort, wir haben es mit „Vielfalt“ übersetzt. 2010 ist das internationale Jahr der Artenvielfalt: Der Verlust der Arten zieht sich durch alle Felder, Äcker und Meere, in den letzten Jahren sind 250.000 Pflanzenarten verschwunden. Das hat nicht nur mit dem Klimawandel zu tun, das hat natürlich auch mit dem Menschen zu tun, wie er lebt, wie er wirtschaftet, was er isst, und es hat auch viel mit der Landwirtschaft zu tun. Der Verlust der Artenvielfalt geht dramatisch schnell vor sich. Im Moment ernähren wir uns global von nur fünf Getreidesorten weltweit, das bringt Abhängigkeiten, kaputte Böden, verseuchtes Wasser, kranke Menschen. In Indien etwa wissen die Menschen nicht mehr, wie sie unter diesen Bedingungen überleben sollen. Vielfalt ist die Basis der Ernährungssicherheit und unabdingbar für nachhaltige Landwirtschaft. Daher liegt uns der Schutz der Vielfalt sehr am Herzen, gerade im heurigen Jahr haben wir uns besonders dafür eingesetzt, gemeinsam mit dem Lebensministerium Projekte gestartet, natürlich in unserem Bereich, dort wo wir Einfluss nehmen können, auf der landwirtschaftlichen Seite, zum Schutz von Kulturpflanzen mit dem Verein Arche Noah gemeinsam, wobei verschiedene Gemüseraritäten in unser Angebot aufgenommen wurden.
Die Ethik ist die neue Dimension der Markenorientierung geworden, ein neues Credo, das vor allem aus der Lohas-Bewegung kommt. Lohas glauben an die Machbarkeit einer besseren Welt, aber nicht durch Verzicht, sondern indem man die Technologien intelligent nützt, indem man die besseren Ideen hat, indem Klimaschutz und Umweltschutz eine Rolle spielen. Wir haben Ethik in unserer Markenführung von Anfang an einfließen lassen. Wir unterstützen etwa Sozialprojekte bei den Bananenbauern in Ecuador, damit die Menschen ein entsprechendes Einkommen haben, es wird wesentlich über den Mindestpreisen bezahlt. Jeder kann mit dem Kauf von Bio einen Beitrag leisten zu mehr Ethik im Geschäftsleben, zu mehr Umweltschutz. Jeder Kauf von Bio-Produkten vermindert CO2, biologische Lebensmittel sind auch klimaschonende Lebensmittel.

 

Wie halten Sie es mit den Verpackungen?
Wir haben von Anfang an darauf geachtet, bei Verpackungen umweltschonende Materialien zu verwenden. Wir haben sehr viele Kartonagen, viele unserer Produkte sind in Karton verpackt. Aber wir haben auch realisiert, dass wir einen Schritt weiter gehen müssen, wir sind noch nicht dort, wo wir hin wollen. Als wir heuer zum Beispiel den Bereich des Gartens eröffnet haben, haben wir Bio-Pflanzen in verrottbaren Töpfen ins Angebot aufgenommen, das heißt in Töpfen, die man in die Erde stecken kann und die mit der Zeit kompostiert werden. Ein anderes Beispiel sind Teebeutel aus gentechnikfreier Maisstärke. Solche Dinge sind oft nicht leicht umzusetzen, weil sich die Beschaffung schwierig gestaltet.


Ist die Marke „Ja! Natürlich“ krisenfest?
„Ja! Natürlich“ hat einen hohen Anteil an Stammkundschaft, dadurch ist die Marke auch krisenresistent geblieben. Denn die Stammkundschaft hat das Rezept verstanden, für sie ist Bio keine Eintagsfliege. Natürlich haben wir auch Wechselkunden, die wir, wenn die Zeiten schwieriger werden, verlieren. Das sind diejenigen Kunden, die sagen, ich leiste mir „Ja! Natürlich“, wenn ich es mir leicht leisten kann. Aber der Großteil der Kunden sind Stammkunden, Kunden, die 8-10 Produkte aus verschiedenen Warengruppen regelmäßig kaufen.
Für die Menschen ist Bio bei jenen Lebensmitteln besonders wichtig, die sie täglich am Teller haben. Bio beginnt auch dann, wenn eine Familie gegründet wird, wenn Kinder kommen, dies ist der Zeitpunkt an dem man über Ernährung nachdenkt. Die Jungen haben eigentlich noch wenig mit Bio am Hut, dies muss man sagen. Da gibt es andere, wichtigere Themen im Leben, da steht bewusstes Essen noch nicht so im Vordergrund, dies kommt später, mit Kindern, im Alter. Auch ist ein 20-Jähriger normalerweise immer gesund, der spürt gesundheitlich noch nichts.
Die Leute nähern sich Bio einerseits über Milch, Joghurt, Käse … – Lebensmittel die auf den Tisch kommen, im Gegensatz zu Zutaten, die beim Kochen verschwinden. Andererseits ist es wichtig, den Unterschied zu konventionellen Lebensmitteln zu schmecken, dies ist beispielsweise bei Unverarbeitetem wie Fleisch, Gemüse, Obst, Eiern der Fall - hier sind die Bio-Anteile sehr hoch. Bei Schlagobers verkaufen wir mit Clever wesentlich mehr, auch bei Parmesan ist der Marktanteil von „Ja! Natürlich“ gering, beides ist weder sichtbar noch kommt es täglich auf den Tisch. Bei den Italienern sind Parmesan und Mozzarella Kernprodukte für Bio. Bio hängt also immer stark mit dem Speiseplan zusammen.

 

Zukunftspläne?
Auch Innovationen spielen für die Marke eine große Rolle. „Ja! Natürlich“ versteht sich auch als Instanz für ein besseres Leben, und ein besseres Leben geht über das Essen hinaus. Wir haben in den vergangenen Jahren einen ersten Schritt gemacht, indem wir Urlaube in den Nationalparks bei Biobauern anbieten. Mit Gartenprodukten haben wir einen zweiten Schritt über die klassische Lebensmittelgrenze hinaus gesetzt, Sie können bei „Ja! Natürlich“ Samen zum Selberziehen, Pflanzen für den eigenen Garten bis schließlich das erntefrische Gemüse in bester Bioqualität kaufen.

 

Ist eine Expansion des Konzeptes auf andere Märkte geplant? Ist das möglich - oder sind Adaptionen notwendig?
Deutschland verfolgt eine gänzlich andere Politik der Eigenmarken. Dort deckt Rewe zwar die gleichen Segmente ab wie Rewe Österreich, jedoch unter gänzlich anderen Markennamen, davon ein Großteil unter dem Rewe-Dach. Rewe Bio hat darüber hinaus eine völlig andere Positionierung bezüglich Herkunft und Qualität. Für CEE ist es noch zu früh. Adaptionen wären nötig, da „Ja! Natürlich“, um seinem Nachhaltigkeitsgedanken zu entsprechen, aus dem Land heraus geboren werden muss. Der Erfolg von Ja! Natürlich beruht ja auf seiner lokalen Identifikation, Ja! Natürlich ist eine Herkunftsmarke, steht in einer Linie wie "Ja, zu A", ist DIE Biomarke der österreichischen Biobauern. Das heißt die Marke ist sehr eng auf allen Ebenen mit dem Land verknüpft. Diesen Ansatz müsste man übertragen.

hoermer

Mag. Martina Hörmer.

Erdäpfelpüree

"Ja! Natürlich": Erdäpfelpüree.

"Ja! Natürlich": Tee.

Reis

"Ja! Natürlich": Dinkelreis.

 

   
Weitere
Informationen
Suzanne McEwen +43 1 218 6918 mcewen@procarton.com
Hintergrund Pro Carton ist die Europäische Interessengemeinschaft der Karton- und Faltschachtelproduzenten mit dem Ziel, Karton und Faltschachtel als ökonomisch und ökologisch ausgewogenes Verpackungsmedium zu fördern, sowohl in der Markenartikelindustrie und im Handel als auch bei Design, Medien und Politik.