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Datum 20. September 2013 / www.procarton.com
Titel Nachhaltigkeit von Verpackungen im Handel
Text Guido Fuchs ist Projektleiter Nachhaltigkeit bei der Coop Genossenschaft in Basel mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit im Sortiment Non Food, Nachhaltigkeit Verpackungen, Recycling und Abfall. Als Experte für Nachhaltigkeit im Handel hat er sich über die Schweiz hinaus einen Namen gemacht. Pro Carton hat ihn nach seinen Zielen befragt. Für den Download in Druckqualität bitte auf
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Pro Carton: Woran erkennen Sie persönlich, dass die Kunden verstärkt nachhaltige Verpackungen wünschen?
Guido Fuchs: Einerseits wissen wir von eigenen Marktforschungen, dass eine ökologische beziehungsweise einfach recycelbare/entsorgbare Verpackung für unsere Kunden einen hohen Stellenwert hat. Andererseits kommen natürlich Meldungen über unseren Konsumentendienst, wenn Kunden ganz spezifische oder auch allgemeine Anregungen/Fragen zu Verpackungsmaterialien haben. Und zusätzlich haben wir auch immer Feedback auf Artikel in unserem eigenen Medium "Coopzeitung", wenn wir dort Artikel über besonders gelungene oder interessante Verpackungsumstellungen veröffentlichen.

 

Sie wollen bis 2015 noch weitere 1.250 Tonnen Verpackungen einsparen, das sind mehr als drei Prozent. Gibt es danach noch weitere Reduktionsmöglichkeiten?
Unser Langzeitprojekt "Nachhaltigkeit Verpackungen" umfasst Materialreduktionen wie auch ökologische Materialoptimierungen. Verpackungen einfach weglassen ist nicht immer möglich, da Verpackungen ja ganz wichtige Schutz- und Informationsfunktionen erfüllen müssen. Also Schutz beim Transport, Schutz vor Licht und anderen äußeren Einflüssen etc. Und Informationen in Form von gesetzlich oder aufgrund eigener Richtlinien vorgeschriebenen Verbraucherinformationen. Außerdem haben Verpackungen ja auch Marketing- respektive ästhetische Funktionen. Bei Coop haben wir immer wieder neue Produkte. Alleine bei Eigenmarken können das im Gesamtunternehmen 3.000 bis 4.000 neue Artikel pro Jahr sein. Dort schauen wir natürlich ganz zu Beginn des Beschaffungsprozesses, dass die Verpackung möglichst ökologisch und optimiert ist. Wir sind außerdem überzeugt, dass wir auch nach 2015 bei bestehenden Artikeln noch weiteres Optimierungspotenzial haben. Die Verpackungsindustrie, aber auch die Rohmaterialhersteller sind ja sehr innovativ und kreativ. Alleine mit Neuentwicklungen der Industrie gibt es immer wieder Chancen, eine bestehende Verpackung zu optimieren und ökologisch zu verbessern.

 

Bei 53 Prozent Eigenmarkenanteil können Sie viel bewegen. Haben Sie auch Einfluss auf die anderen Marken?
Wir suchen laufend das Gespräch auch mit Markenartikellieferanten. Bei vielen Herstellern stoßen wir auf offene Ohren und wir können gemeinsam Verpackungen ökologisch optimieren. Wir haben im Namen unseres Natura-Preises 2012, bei dem ökologisch besonders engagierte Geschäftspartner ausgezeichnet werden, erstmals auch einen Preis für innovative nachhaltige Verpackungen von Markenlieferanten vergeben. Dieser wurde der Firma Tetra Pak erteilt, weil sie unter anderem auf unsere Initiative hin das gesamte Sortiment in der Schweiz auf FSC-zertifizierte Getränkekartons umgestellt hat. Im direkten Gespräch und mit solchen Incentives können wir auch bei Markenlieferanten etwas erreichen. Aber bestimmen können wir natürlich nicht. Wir machen das übrigens auch bei unseren eigenen Produktionsbetrieben oder Herstellern von Eigenmarken nicht. Es ist immer ein intensiver fachlicher Austausch notwendig, damit wirklich gute Lösungen erzielt werden.

 

Irgendwann müssen Verpackungen zu 100 Prozent nachhaltig sein, haben Sie eine persönliche Vision, wann?

Diese Frage ist sehr schwierig zu beantworten. Es gibt wohl auch kaum eine allgemein verbindliche Definition von nachhaltiger Verpackung. Wir versuchen unsere Ziele auf zwei Ebenen zu erreichen:

  1. durch Vorgaben an die Verpackungsmaterialien (z. B. kein PVC, außer eine gesamtökologische Betrachtung spricht dafür; möglichst nur Materialien, die im schweizerischen Sammel- und Recyclingsystem ein stoffliches Recycling erlauben; Verpackungen, die bezüglich Design, Anwenderfreundlichkeit, Herstellungskosten und Ökobilanz das Optimum herausholen) und
  2. durch die Integration der Verpackungslösung möglichst früh im Produktentwicklungs- und Beschaffungsprozess. Ich glaube, damit kommen wir dem Ziel "nachhaltige Verpackungen" immer näher, ohne eine genaue quantifizierte Definition von nachhaltiger Verpackung zu haben.

 

Wie sehen Sie dabei die Rolle von Karton und Faltschachtel?
Auch diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Wenn wir beispielsweise vergleichende Ökobilanzen von sagen wir einer Kartonfaltschachtel und einem Beutel für Müesli anschauen, dann hat Karton zwar einen Gewichtsnachteil gegenüber einem Beutel, aber den Vorteil, ein Material basierend auf nachwachsenden Rohstoffen zu sein, das hohen ökologischen Ansprüchen genügt. Wenn wir uns in diesem Bereich etwas wünschen dürfen, wäre das eine Gewichtsreduktion.

 

Dann ist aber vor allem bei Verpackungen mit direktem Lebensmittelkontakt die Frage der Migration von Stoffen ins Lebensmittel eine sehr kritische Angelegenheit. Was wir uns sicher wünschen würden, wären Barrierepapiere/-kartons, welche im Idealfall aus Recyclingfasern oder zumindest aus FSC-Fasern bestehen und in der Schweiz problemlos der hausnahen Kartonsammlung mitgegeben und in der Kartonindustrie als Rohstoff verwendet werden können.

Guido Fuchs
Guido Fuchs

 

Jamadu Haferkissen

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Informationen
Suzanne McEwen +43 1 218 6918 mcewen@procarton.com
Hintergrund Pro Carton ist die Europäische Vereinigung der Karton- und Faltschachtelindustrie mit dem Ziel, Karton und Faltschachtel als ökonomisch und ökologisch ausgewogenes Verpackungsmedium zu fördern, sowohl in der Markenartikelindustrie und im Handel als auch bei Design, Medien und Politik.