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Datum 30. Juni 2010 / www.procarton.com
Titel Ask the Expert: Ecodesign
Text Für die erste Ausgabe der neuen Serie „Ask the Expert“ stellte sich Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Wimmer den Fragen der Pro Carton-Mitglieder. Wimmer ist Professor an der Technischen Universität Wien sowie Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von Ecodesign Company Engineering & Management Consultancy GmbH mit Sitz in Wien, Seoul und Ottawa. Er ist Experte für Lösungen, die Produkte systematisch auf eine neue Balance zwischen Ökonomie und Ökologie hin entwickeln. Für den Download in Druckqualität, bitte auf das Bild klicken.
 

Wie wird sich das Thema CO₂-Bilanz in der Supply Chain konkret auswirken?
Der amerikanische Einzelhändler WalMart hat sich das Ziel gesetzt, die CO₂-Bilanz seiner Waren in den kommenden Jahren um 20 Millionen Tonnen zu verbessern. Andere Einzelhändler werden folgen. Bei der Herstellung der Produkte zeigt sich oft, dass das Produkt selbst schon recht weitgehend optimiert ist, doch bei den Verpackungen kann man oft noch große Fortschritte setzen, denken Sie nur an die CD-Jewelcases!


Warum wirken sich gute Umwelteigenschaften im täglichen Geschäft oft so wenig aus? Oder, anders gefragt, wird Karton unter seinem Wert geschlagen?
Viele Firmen haben gute Produkte mit hervorragenden Umwelteigenschaften, machen diese aber zu wenig bekannt. Auch im Bereich Karton und Faltschachtel gibt es noch großes Potenzial, die Botschaft von Nachhaltigkeit der eigenen Produkte zu verbreiten! Es geht ja nicht darum, dass schon alles perfekt gelöst ist. Ich plädiere immer für ungefähr richtig, nicht genau falsch: Was man gut macht, soll man auch so kommunizieren. Auf diese Weise geht die Entwicklung in die richtige Richtung, und wer umweltfreundlich agiert, hat auch wirtschaftlich auf Dauer die besseren Karten.
Um die Kommunikation zu stärken, ist es wichtig, immer wieder Innovationen zu setzen: Es gibt zum Beispiel zahllose Hüllen für das iPhone – warum gibt es keine iPhone-Hüllen aus Karton in der 10er-Packung?


Carbon-, Water-, Product Footprint – droht eine Art Inflation der Footprints, die dann vielleicht nicht mehr ernst genommen werden?
Nein, so viele sind es nicht, und der Carbon Footprint ist derzeit der Wichtigste. Der Product Carbon Footprint wird ein neues Thema sein, das man in den kommenden Jahre in der Bevölkerung neu verankern muss. Die Frage für den Konsumenten ist immer: Wie kann ich mir ein gutes Bild von den Umweltauswirkungen eines Produkts machen? Da sind einige wenige Elemente besonders wichtig, vor allem der Carbon Footprint, weil er den Einfluss auf die globale Erwärmung misst, und auch der Water Footprint.


Wird es irgendwann eine neue, einheitliche Messeinheit geben?
Das glaube ich nicht, denn die Beurteilung eines Produkts oder Herstellungsprozesses ist immer eine Frage der Gewichtung. Es gibt Dinge, die sind gut und schlecht zugleich, zum Beispiel steht der Verbrauch von Wasser bei uns nicht so sehr im Vordergrund wie in anderen Regionen der Welt.
Wichtig ist auf jeden Fall, den Carbon Footprint immer mitzukommunizieren, auch beim Verkauf sollte man Vergleichszahlen mitliefern – aus standardisierten Berechnungsmethoden, die es zunehmend gibt.
Eine internationale ISO-Norm zum Carbon Footprint ist in Entwicklung und kommt voraussichtlich Anfang 2011. Dabei wird das GWP (Global Warming Potential) in zwei Phasen der Supply Chain berechnet:
a) bis zum Händler (B2B) und
b) B2C, also Produktnutzung und Nachgebrauch bis zur Entsorgung.


Wie können wir als Branche die Stärken von Karton nachweisen?
Generelle Zahlen sind nur dann aussagekräftig, wenn die Bedingungen, unter denen sie entstanden sind, mitgeliefert werden, etwa, wie der Stromverbrauch als CO₂-Faktor bewertet wurde oder wie hoch die durchschnittlichen Transportwege des Produkts angesetzt wurden. Für jeden Wert müssen die zentralen Annahmen kommuniziert werden, dazu, welchen Toleranzbereich die einzelnen Bewertungen haben.
Fest steht: Umweltschutz wird sich auch rein ökonomisch rechnen, sobald der Ölpreis explodiert, und das wird in nicht allzu ferner Zeit der Fall sein. Es wäre heute schon sehr nützlich, Modellrechnungen mit einem angenommenen hohen Ölpreis durchzuführen, um sich für die Zukunft zu rüsten.


Was halten Sie von biologisch abbaubaren Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen?
Jedes Material muss auch immer im Bezug auf seine Anwendung bewertet werden. Wenn sichergestellt ist, dass das Gesamtprodukt optimiert ist, dann sind solche Materialien hervorragend. Beim Stichwort nachwachsend ist zudem von großer Bedeutung, wo es nachwächst, wo das Material erzeugt wird und wie die Umweltauswirkungen vor Ort sind. Und bei biologisch abbaubaren Stoffen muss man für eine gute Kompostierung sorgen.


Könnten Sie eine Liste aller derzeit durchgeführten Zertifizierungen und Umweltlabels machen?
Die wichtigste Zertifizierung wird in den kommenden Jahren zweifellos der Product Carbon Footprint sein, der derzeit in Entwicklung ist. Grundsätzlich sind Labels allerdings eher spezifisch und untereinander nicht vergleichbar. So werden etwa die Kriterien für das österreichische Umweltzeichen von Expertengruppen festgelegt. Der deutsche „blaue Engel“ ist vermutlich das älteste Umweltzeichen der Welt. In Skandinavien gibt es den „Nordic Swan“, in Kanada die „Environmental Choice“ – alles sehr spezifische Labels.


Sollte man Carbon Footprint-Labels auf Consumer Goods anbringen?
Ja, weil dadurch die Umweltverträglichkeit zum Differenzierungsmerkmal gegenüber anderen wird.


Was wird in Zukunft besonders wichtig sein?
Wenn man das überhaupt so allgemein sagen kann, dann: Die Stärken zu stärken, ist das Wichtigste. Die Erneuerbarkeit des Rohstoffs, die Recycelbarkeit in funktionierenden Kreisläufen – das ist eine Stärke nicht nur im Bezug auf die Umwelt, sondern auch ein bedeutender Kostenfaktor der Zukunft! Carbon Footprint und Gewicht sind dabei die wesentlichen Ansätze.

Kontakt
„ECODESIGN company" engineering & management consultancy GmbH www.ecodesign-company.com

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Wimmer, Ecodesign

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Wimmer, Ecodesign

   
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Informationen
Richard Dalgleish +44 777 613 8510 dalgleish@procarton.com
Suzanne McEwen +43 1 218 6918 mcewen@procarton.com
Hintergrund Pro Carton ist die Europäische Vereinigung der Karton- und Faltschachtelproduzenten mit dem Ziel, Karton und Faltschachtel als ökonomisch und ökologisch ausgewogenes Verpackungsmedium zu fördern, sowohl in der Markenartikelindustrie und im Handel als auch bei Design, Medien und Politik.